Oberes Freiamt: Jetzt kann es losgehen!

Oberes Freiamt: Jetzt kann es losgehen!

  • Felix Gmür, Bischof von Basel, errichtete am 20. Jan­u­ar 2018 den 10. Pas­toral­raum im Aar­gau, den Pas­toral­raum Oberes Freiamt, beste­hend aus den Pfar­reien von  Abtwil, Auw, Dietwil, Ober­rüti und Sins. Müh­lau tritt erst 2020 bei.
  • Nach dem Fest­gottes­di­enst feierten 350 bis 400 Men­schen beim Apéro riche und zeigten sich auf Nach­fra­gen meist zuver­sichtlich und ges­pan­nt, was die Zukun­ft im Pas­toral­raum bet­rifft.
 Nicht nur Felix Gmür, Bischof von Basel, hat­te es die Musik ange­tan. Lauter, anhal­tender Applaus belohnte zum Schluss des Fest­gottes­di­en­stes den Ad-hoc-Chor sowie das Bläserensem­ble. Aus allen fünf Pas­toral­raump­far­reien hat­ten sich die Sän­gerin­nen und Sänger zusam­menge­tan, um gemein­sam mit einem Bläserensem­ble der Musikge­sellschaft Abtwil den Gottes­di­enst zu gestal­ten.

Der Pastoralraum ist offen für Veränderung

Vor­ange­gan­gen waren ein­drück­liche Momente. So die Ver­voll­ständi­gung des Pas­toral­raum-Logos. Dessen Grund­lage ist ein Kirchen­fen­ster aus dem Chor­raum der Kirche Sankt Rupert in Ober­rüti. Es beste­ht aus ver­schieden­far­bigen Punk­ten. Jede Pfar­rei wird durch eine Farbe repräsen­tiert. Die Menge und die Posi­tion der Punk­te entsprechen dem unge­fähren Grössenan­teil der Pfar­rei am Pas­toral­raum und zeigen ihre geo­graphis­che Lage im Seel­sorg­er­aum. Die grauen Punk­te zeigten, so Pas­toralas­sis­tent Andres Lien­hard in der Erk­lärung des Logos, dass der Pas­toral­raum offen sei für Verän­derun­gen in der Zukun­ft. Eine Frau for­mulierte bei der Feier im Anschluss an den Gottes­di­enst fast enthu­si­astisch: «Der Prozess ist endlich fer­tig, jet­zt kann es los­ge­hen!».Mit der Offen­heit ist beispiel­sweise auch gemeint, dass die Pfar­rei Sankt Anna, Müh­lau, erst im Jahr 2020 zum frisch errichteten Pas­toral­raum dazu stossen wird. «Müh­lau hat­te spezielle Wün­sche, als der Prozess los­ging. Das betraf zum Beispiel die Präsenz eines Pfar­rad­min­is­tra­tors vor Ort. Daraufhin wurde mit allen anderen Kirchge­mein­den in Absprache mit der Diöze­sankurie ver­traglich fest­gelegt, dass diese Wün­sche erfüllt wer­den und Müh­lau gle­ichzeit­ig nicht am Pas­toral­raumprozess beteiligt ist. Das passte für alle», erk­lärte Gabriele Tiet­ze-Roos auf Nach­fra­gen.

Die Kirche verändert sich

Ohne schriftliche Vor­lage, ver­ständlich und mit Augen­zwinkern predigte Felix Gmür in gewohnt ansprechen­der Weise. Aus­ge­hend vom Lesung­s­text, der von der Klage Davids um die im Krieg getöteten Saul und Jonatan han­delte (2 Sam 1) sagte Felix Gmür: «Dieser Text zeigt, dass nach Auf­stieg Nieder­gang und Trauer fol­gen. Es geht um Verän­derung». Die Kirche wie sie bish­er funk­tion­iert habe, verän­dere sich eben­falls und auch das löse Trauer aus; manch­mal auch bei ihm, bekan­nte Felix Gmür.Gle­ichzeit­ig seien es span­nende Zeit­en, in denen wir lebten. Für David sei das Wichtig­ste gewe­sen, von Gott zu erzählen. Von Gott zu erzählen, die Botschaft weit­erzu­tra­gen und Zeug­nis abzule­gen, nan­nte Felix Gmür denn auch als Auf­gaben für Chris­ten von heute. Grund­lage dafür sei die ehrliche Auseinan­der­set­zung mit dem eige­nen Ver­hält­nis zu Gott.Eine ganz andere Assozi­a­tion brachte der Reformierte Pfar­rer von Sins, Han­sueli Hauen­stein, am Schluss als Gast ins Spiel und traf damit den Nerv der Anwe­senden. «Ich möchte von Hirten und Schöfli sprechen und meine das in kein­er Weise despek­tier­lich», begann Han­sueli Hauen­stein. Let­ztlich sei der Pas­toral­raum eine Wei­de, gröss­er als die Wei­de der Pfar­rei, und mit frischem Gras.

Auch Schafe können Hirtenaufgaben übernehmen

In protes­tantis­ch­er Nüchtern­heit gebe er jedoch zwei Dinge zu bedenken:  Erstens sei es eine Her­aus­forderung für die Hirten, die «Schöfli» auf der neuen, grösseren Wei­de an ihre jew­eils passenden Fut­ter­stellen oder Ställe zu brin­gen. Zweit­ens hinke das Bild, denn auch Schafe seien in der Lage, Auf­gaben der Hirtin­nen und Hirten zu übernehmen. Hirtin­nen und Hirten seien umgekehrt auch nur Schafe, die Zuwen­dung bräucht­en. «Schafe, egal welch­er Farbe oder Funk­tion: schaut zueinan­der und sorgt für eure Hirten», appel­lierte Han­sueli Hauen­stein.

Vertrauensvoll in neue Zeiten: Keiner weiss, was kommt

Wie ein  Echo auf die Worte des Reformierten Pfar­rers sagte eine Frau an einem der zahlre­ichen Ste­htis­che beim anschliessenden Apéro: «Ja, es fall­en Ange­bote weg – doch gle­ichzeit­ig bekom­men wir über die anderen Orte neue Sachen dazu, die wir bish­er nicht hat­ten. Das finde ich toll». «Das Bild mit der Wiese gefällt mir», meinte auch Pas­toral­raump­far­rer Thomas Zim­mer­mann im Gespräch. «Für mich heisst der Pas­toral­raum auch, dass ich meinen Mitar­bei­t­erin­nen und Mitar­beit­ern ver­traue. Dass sie zum Beispiel die Fir­mvor­bere­itung gut machen und ich nicht daneben ste­hen muss».Egal wen man fragte, immer wieder antworteten die Anwe­senden: «Wir schauen mal, was nun kommt. Wir fan­gen ja jet­zt an und wis­sen nicht, wie es wird». Ähn­lich for­mulierte es Mar­ti­na Suter, die als Leitungsas­sis­tenz admin­is­tra­tive Auf­gaben im Pas­toral­raum übernehmen wird. «Es kommt jet­zt viel Arbeit auf uns zu, aber die Errich­tung ist ein wichtiger Zwis­chen­halt. Es ist der Abschluss der Konzep­tar­beit. Den Tag heute kön­nen wir ein­fach geniessen».

Felix Gmür: Erleichterung, wenn der Strukturprozess vorbei ist

Die Reak­tion von Felix Gmür auf die Frage, ob er erle­ichtert sei, wenn der gesamte Pas­toral­raumprozess im Bis­tum Basel been­det sein wird, war ein­deutig: «Ja, ich bin erle­ichtert, wenn das vor­bei ist. Der Struk­tur­prozess bindet Energie und Kapaz­itäten, die woan­ders fehlen. Ich kann die Kirchge­mein­den nicht zwin­gen, doch die Pas­toral­räume sollen auf struk­tureller Ebene let­ztlich ent­las­ten. Viele Leute sehen das nicht und sehen nur, was vielle­icht ver­loren geht oder sich verän­dert». Wenn der Struk­tur­prozess durch sei, sei wieder Luft für die inhaltliche Arbeit da.
Anne Burgmer
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