
Bild: © Nathalie Koller, bureauplus.ch
Spezialisiert auf Freiwillige
Die regionalen benevol-Fachstellen fördern gezielt freiwilliges Engagement
Freiwilliges Engagement ist ihr Metier. Die insgesamt 14 regionalen Fachstellen der Organisation benevol fördern gezielt freiwilliges Engagement, bringen Organisationen und Freiwillige zusammen und bieten Weiterbildungen und Beratungen im Zusammenhang mit Freiwilligenarbeit an.
Samuel Steiner kennt sich aus mit Freiwilligen. Er ist Geschäftsleiter von benevol Aargau und Vorstandsmitglied bei benevol Schweiz, dem Dachverband der regionalen benevol Fachstellen. Die insgesamt 14 regionalen Fachstellen fördern gezielt freiwilliges Engagement, bringen Organisationen und Freiwillige zusammen und bieten Weiterbildungen und Beratungen im Zusammenhang mit Freiwilligenarbeit an.

Die Weiterbildungen richten sich an Menschen, die Freiwillige führen oder neue Freiwillige gewinnen wollen, aber auch an freiwillig engagierte Personen, um sie für ihren Einsatz zu rüsten. Bei benevol Aargau sind das unter anderem Kurse für Freiwillige, welche alte Menschen begleiten. Sie lernen dort beispielsweise, wie sie Erlebnisse und Erfahrungen der Senioren und Seniorinnen in ihr Engagement einbeziehen können oder wie sie in ihrer Tätigkeit das gesunde Mass zwischen Hingabe und Selbstfürsorge finden. Praktische Infos bekommen die Teilnehmenden auch in Kursen zum Asylbereich, wo sie die rechtlichen Bestimmungen des Asylwesens kennenlernen. Für die Kurse anmelden kann sich jede interessierte Person, die freiwillig tätig ist oder es werden will.
Viele junge Freiwillige
Im internationalen Vergleich ist das freiwillige Engagement in der Schweiz sehr hoch. «Es zeigt sich eine Tendenz hin zu befristeten Freiwilligeneinsätzen. Für ein kurzes Projekt finden sich eher Leute als für ein jahrelanges Engagement», sagt Steiner. Sowohl unter 30-Jährige als auch Menschen ab 55 Jahren setzen sich besonders ein: «Gerade in Sportvereinen, in Jungwacht-Blauring oder in der Pfadi engagieren sich sehr viele junge Menschen.»
Eine Frage des Hintergrunds
Für junge Erwachsene, die noch nicht viel Berufserfahrung haben, kann es bei einer Bewerbung ein Vorteil sein, wenn sie freiwilliges Engagement nachweisen können. «Jedoch hängt es meiner Erfahrung nach vom Hintergrund der vorgesetzten Person ab, ob Freiwilligenarbeit positiv gewertet wird», präzisiert Steiner. «Eine Chefin, die selbst Blauringleiterin war, wird das Engagement eines Bewerbers, der Jubla-Leiter ist, meist positiver bewerten als ein Chef ohne Erfahrung in der Freiwilligenarbeit.»
Mit Hilfe von «Dossier freiwillig engagiert» können Freiwillige und Organisationen unentgeltliches, freiwilliges und ehrenamtliches Engagement festhalten. Mit der Onlineplattform lassen sich freiwillige Einsätze und Engagements digital aufzeichnen, aber auch – wie bei einem Arbeitszeugnis – zu Papier bringen. Das nationale Qualitätslabel stärkt den Wert von freiwilligem Engagement als wichtige Ressource für die Gesellschaft. Besonders junge Freiwillige können ihre Erfahrung in bestimmten Bereichen so für künftige Arbeitgeber dokumentieren (www.dossier-freiwillig-engagiert.ch) und ihren Bewerbungen beilegen.
Offen sein für neue Formen
Menschen aus der Mittelschicht leisten besonders viel Freiwilligenarbeit. Migrantinnen und Migranten sowie Leute mit tiefem Lohn sind weniger eingebunden. Um neue Freiwillige zu finden oder andere Gesellschaftsschichten anzusprechen, müssen Organisationen flexibel sein und Neues ausprobieren. Zum Beispiel die Spesen vorschiessen statt rückerstatten oder Modelle schaffen, die Freiwillige strategisch mitbestimmen lassen. Als gutes Beispiel nennt Samuel Steiner die Kramer-Brockis im Aargau, wo die freiwilligen Mitarbeitenden regelmässig darüber abstimmen, wohin sie das erwirtschaftete Geld spenden wollen.
Sozialpreis
In Zusammenarbeit mit den drei Aargauer Landeskirchen zeichnet benevol Aargau regelmässig Freiwilligenarbeit im sozialen Bereich aus. Für die eingereichten Projekte dürfen sowohl die Bevölkerung via Onlinevoting als auch eine Fachjury ihre Stimmen abgeben. Honoriert werden Privatpersonen, Organisationen oder Institutionen, die im Sozialbereich innovative Projekte mit einem hohen Anteil Freiwilligenarbeit auf die Beine stellen. Die Jury setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern der römisch-katholischen, der reformierten und der christkatholischen Kirche im Aargau sowie von benevol Aargau und Persönlichkeiten aus Politik, Journalismus oder Verwaltung und gemeinnützigen Projekten.
benevol-jobs.ch vermittelt Freiwillige
Gezielt zusammenfinden können Freiwillige und Organisationen auf der Vermittlungsplattform benevol-jobs.ch. Sie ist seit 2005 online, hat über 14 000 registrierte Freiwillige und mehr als 2,2 Millionen Seitenaufrufe pro Jahr. Sowohl Vereine als auch grosse Organisationen nutzen die Plattform, darunter die Landeskirchen, Pro Senectute, das Rote Kreuz und Altersheime. Soziale Einrichtungen, die auf Freiwillige angewiesen sind, finden hier ebenfalls die passenden Personen. «Die Plattform benevol-jobs hat sich über die Zeit positiv entwickelt, ist heute im Aargau etabliert und bietet ständig gegen 150 verschiedene Einsatzmöglichkeiten», sagt Steiner.
Die Kultur hat es leichter
Regelmässig kontrolliert die Fachstelle, ob es sich bei den angebotenen Jobs um Freiwilligenarbeit handelt: «Freiwilligenarbeit ist gemäss benevol-Standards eine gemeinnützige, unbezahlte Tätigkeit, die im Jahresdurchschnitt nicht mehr als sechs Wochenstunden umfasst», erklärt Steiner. «Tendenziell werden mehr Freiwillige gesucht als vorhanden sind», sagt er. Je nach Bereich herrscht ein kleiner oder grösserer Mangel an Freiwilligen. Im Sozialen ist es schwieriger, Freiwillige zu gewinnen als im Kulturbereich. Steiner erwähnt Pflegeinstitutionen: Eine Person regelmässig für Gespräche, Spiele oder Spaziergänge zu besuchen, hat eine andere Verbindlichkeit als gelegentlich bei Kulturanlässen auszuhelfen.