Weisses Kreuz ​auf rotem Grund
Auf manchen Schweizer Gipfeln begegnen Bergsteigerinnen und Bergsteiger der Schweizerfahne, wie hier auf dem Grossen Mythen. An manchen Orten ist die Fahne dauerhaft zu finden, an anderen wird sie zu besonderen Anlässen wie dem 1. August gehisst. Mal dient sie der Orientierung, mal dem touristischen Branding, mal ist sie ein Zeichen der Zugehörigkeit.
Bild: © Marie-Christine Andres Schürch

Weisses Kreuz ​auf rotem Grund

Um den ersten August herum sind die Schweizerfähnli ​allgegenwärtig. Sie stecken in Blumenkistchen auf Balkonen und in 1.-August-Weggen. Kennen Sie die Geschichte des Schweizerkreuzes?

Am Anfang war… Ja, wie war es denn? Darüber ist man sich uneinig. Zum Ursprung des Schweiz­er Wap­pens mit seinem weis­sen Kreuz auf rotem Grund gibt es mehrere The­o­rien.

Zwei religiöse Entstehungsmythen

Die erste religiöse The­o­rie besagt: Das Wap­pen mit Schweiz­erkreuz hat seinen Ursprung in der Leg­ende der The­bäis­chen Legion. Sie soll eine römis­che Sol­datenein­heit aus Ägypten gewe­sen sein, deren Män­ner um das Jahr 300 in Saint-Mau­rice (VS) als Mär­tyr­er star­ben, weil sie selb­st Chris­ten waren und sich weigerten, an Chris­ten­ver­fol­gun­gen teilzunehmen. Im Spät­mit­te­lal­ter wurde ihnen ein rotes Ban­ner mit weis­sem Kreuz zugeschrieben, als Zeichen ihres Mar­tyri­ums. Diese Inter­pre­ta­tion trug dazu bei, dem Schweiz­erkreuz eine christliche Deu­tung zu geben.

Nach ein­er anderen religiöse Entste­hungs­the­o­rie hat das Wap­pen mit Schweiz­erkreuz seinen Ursprung in den soge­nan­nten «Arma Christi», den Lei­denswerkzeu­gen Jesu. Sie wur­den vor allem in der Inner­schweiz verehrt, und der Über­liefer­ung nach durften sie ab 1289 auf das rote Blut­ban­ner geheftet wer­den.

«Swiss­ness»

Die vier Arme des Schweiz­erkreuzes sind gle­ich lang und freis­chwebend. Jed­er einzelne Arm ist ein Sech­s­tel länger als bre­it. Diese genauen Pro­por­tio­nen wur­den 1889 vom Bun­desrat fest­gelegt. Seit 2013 sind das Schweiz­erkreuz und seine Grössen­ver­hält­nisse in Schild und Fahne geset­zlich geschützt. Diese Geset­zesvor­lage ist unter dem Namen «Swiss­ness» bekan­nt.


Um den ersten August herum wird dieser Anblick wieder all­ge­gen­wär­tig sein: Über­all sind die gle­ich­nami­gen Weg­gli zu find­en. © Wiki­me­dia com­mon

Zum ersten Mal verwendet

In seinen Anfän­gen war das Kreuz nicht schwebend, son­dern durchge­hend, so wie noch heute bei den Fah­nen der nordeu­ropäis­chen Län­der. Das durchge­hende Kreuz, beste­hend aus zwei überkreuz auf­genäht­en weis­sen Bän­dern, wurde erst­mals von den Bern­ern in der Schlacht bei Lau­pen im Jahr 1339 getra­gen. Sie näht­en es sich als Erken­nungsze­ichen auf ihre Klei­dung. Ein­heitliche Uni­for­men, die die Zuge­hörigkeit zu einem Kriegslager angezeigt hät­ten, gab es näm­lich nicht. Damals diente es vor allem als Unter­schei­dung zum roten St. Georgskreuz der Öster­re­ich­er und dem bur­gundis­chen Andreaskreuz der deutschen Land­sknechte.

Vom Feldzeichen zum Nationalsymbol

Ab dem 14. Jahrhun­dert wurde das weisse Kreuz im Bern­er Feldze­ichen und ab dem 15. Jahrhun­dert auch in den anderen eid­genös­sis­chen Feldze­ichen, den soge­nan­nten Fähn­lein, geführt. Die grossen Fah­nen zeigten weit­er­hin die Ortswap­pen.

Ab Mitte des 16. Jahrhun­derts beze­ich­neten die Men­schen das weisse Kreuz als eid­genös­sis­ches Kreuz und began­nen, es auch im zivilen Bere­ich zu ver­wen­det, beispiel­weise auf Patenpfen­ni­gen der eid­genös­sis­chen Orte. Im Jahr 1547 beispiel­sweise schenk­ten die Eid­genös­sis­chen Stände einen solchen Pfen­nig Prinzessin Clau­dia, der neuge­bore­nen Tochter des franzö­sis­chen Königs Hen­ri II.


Auf der Rück­seite eines Patenpfen­nigs erken­nen wir das Kreuz, umgeben von sieben Stadt­wap­pen. © Auk­tio­nen Münzhand­lung Son­ntag

1815 wurde es schwebend, gle­ich­schen­klig und umgeben von den Kan­ton­swap­pen zum Sym­bol des eid­genös­sis­chen Siegels erk­lärt. 1840 schliesslich wurde eine gesamtschweiz­erische Trup­pen­fahne mit dem freis­chweben­den weis­sen Schweiz­erkreuz im roten Feld geschaf­fen.

Leonie Wollensack
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